Kommunikation (mit Mundschutz) während der Krise

Kommunikation ist mehr als Worte

Wie wichtig eine transparente Kommunikation für jeden Menschen ist, zeigt uns die Corona-Krise. Menschen kommunizieren nicht nur mit Worten – mit der entsprechenden Mimik und Gestik können Aussagen unterstrichen und verstärkt werden.

Manchmal sagen wir etwas, das wir anders meinen – oder wir versuchen mit Worten eine Formulierung zu finden, hinter der wir nicht mit unserem Herzen stehen. Das heißt, alleine von verbalen Aussagen lässt sich oft nicht korrekt auf den Inhalt schließen. Deshalb ist Kommunikation mehr als das Sprechen von Worten.

Durch die Situation mit Corona ist das sprachliche Miteinander viel schwieriger geworden. Schon zu normalen Zeiten: Kommunikation ist etwas, was gelernt sein will.

Viele frühkindliche Konditionierungen sorgen dafür, dass wir die Dinge häufig anders auffassen, als sie gesagt werden. Wir haben alle schon Aussagen einer Person ganz anders verstanden, als diese es eigentlich meinte. Hier können Gesten und der Gesichtsausdruck helfen, um deutlich zu machen, worum es wirklich geht.

Oft ist es die Intensität im Blick, ein schüchternes Lächeln oder die Hand, die auf das Herz gelegt wird, die einer Aussage eine emotionale Botschaft beimessen. Während sachliche Informationen keine weiteren Zusätze benötigen, ist die Kommunikation von Mensch zu Mensch auch emotional besetzt und braucht Mimik und Gestik zum korrekten Verständnis.

Ein Stück Menschsein fehlt

Die derzeitige Mundschutzpflicht in öffentlichen Einrichtungen macht diese Form der Kommunikation unmöglich. Ein Blick in die Augen eines anderen Menschen lässt dessen Gefühle nur dann erahnen, wenn dieser von Herzen lächeln kann. Nur tiefempfundene Freude spiegelt sich in den Augen wider und lässt sich durch die kleinen Lachfältchen an den Augenrändern erkennen. Ein oberflächliches Lächeln ist in den Augen nicht zu sehen und verliert sich hinter der Maske.

Wir können einander nicht wirklich sehen, seit wir uns mit Mundschutz begegnen müssen. Unsere Gedanken spiegeln sich in den Gesichtern wider. Das leichte Zucken des Mundwinkels, das die Ablehnung verrät. Zusammengekniffene Lippen, die Missbilligung erahnen lassen. Oder das Kauen auf der Unterlippe, wenn man verlegen ist.

Nichts davon steht uns zurzeit für unsere Kommunikation zur Verfügung. Es ist mit dem Schreiben eines Briefes vergleichbar, mit dem wir etwas übermitteln wollen, aber nicht sicher sein können, ob unser Anliegen in gleicher Weise aufgefasst wird. Im Schriftlichen haben wir allerdings die Möglichkeit, hinter den Worten stehende Empfindungen mit Emoticons sichtbar zu machen. Die kleinen Bilder verdeutlichen, wie wir etwas meinen und welches Gefühl hinter unserer Aussage steckt.

Wo direkter Kontakt fehlt, kommt es unweigerlich zu Missverständnissen, die für Schmerz sorgen und erst im Nachhinein geklärt werden können. Schon ein Telefongespräch kann einen Beteiligten im Ungewissen zurücklassen, weil sich jede Aussage unterschiedlich interpretieren lässt.

Schauen wir einem anderen Menschen während einer Unterhaltung ins Gesicht, sehen und spüren wir, wie er seine Worte “meint”. Dieses Phänomen lässt sich auch in jeder zwischenmenschlichen Beziehung finden, wenn der eine Partner etwas sagt, der andere aber etwas anderes “hört” und es dadurch ganz anders auslegt. Ohne Nachfragen und ohne eigenes Reflektieren finden wir nicht heraus, wie etwas gemeint war und wie wir die Worte des anderen fehlinterpretieren.

Warum ist der Dialog so wichtig?

Unsere derzeitige Situation zeigt uns ganz deutlich, wie wichtig eine transparente Kommunikation ist und was passiert, wenn diese fehlt. Während wir durch die Maskenpflicht nicht mehr im Gesicht ablesen können, wie eine Aussage gemeint ist, ist es in größerem Ausmaß mangelnde Kommunikation seitens der Regierung, die in der jetzigen Zeit zu Verunsicherung, Orientierungslosigkeit und Existenzangst führt.

Wir leben in einer Gesellschaft, in der Regeln gelten. Werden diese außer Kraft gesetzt, kann das System zusammenbrechen. Unsere Existenz ist vom Geld abhängig und von all den Formen, mit denen dieses verdient werden kann. Treten Maßnahmen in Kraft, die diese Möglichkeiten verbieten und keine klaren Alternativen schaffen, kommt es zur existenziellen Krise.

Zu Beginn der Corona-Krise gab es klare Anweisungen. Es sei dahingestellt, ob diese Maßnahmen früher notwendig gewesen wären. Ab einem bestimmten Zeitpunkt zogen die meisten Länder an einem gemeinsamen Strang. Das Problem zeigte sich, nachdem der Ausnahmezustand eingetreten war. Finanzielle Soforthilfen, die aber nicht allen Menschen zuteilwurden. Kurzzeitarbeit, die das Familieneinkommen mindert. Schließung von Kindereinrichtungen und Schulen, wodurch Eltern nicht mehr arbeiten können. Dass sich der Alltag in Zeiten einer Pandemie anders gestaltet, ist verständlich. Dass niemand sagen kann, wann sich die Lage entspannt, ist auch nachzuvollziehen. Doch es mangelte und mangelt an einer geradlinigen Kommunikation, die über die “erste Hilfe” hinausgeht.

Ohne Kommunikation gibt es keinen Zusammenhalt

Für jeden Menschen ist es hilfreich, im ersten Moment der Not versorgt zu werden. Doch was nützt eine Erstversorgung, wenn keine Perspektive aufgezeigt werden kann? Ganze Berufszweige brechen derzeit ein, Tourismus wird es dieses Jahr wohl nicht mehr geben. Schüler und Schülerinnen hatten in ihren Augen keine ausreichende (persönliche) Prüfungsvorbereitung. Eilanträge auf Prüfungsaussetzung wurden abgelehnt. Bis heute weiß niemand, ob Grundschüler und Schüler der 7. und 8. Klassenstufe dieses Schuljahr noch einmal zur Schule gehen werden.

Sobald die Existenz eines Menschen auf dem Spiel steht, ist Vernunft kein Argument mehr. Die Deutschen haben das bestens bewiesen – Hauptsache der Mensch hat Toilettenpapier. Auch hier fehlte ein kontinuierlicher Dialog, der diese Massenkäufe verhindert hätte und jetzt dafür sorgt, dass die Hersteller bis zum Jahresende auf Toilettenpapier sitzenbleiben.

Es reicht in unsicheren Zeiten nicht, einmal zu sagen, dass genug Lebensmittel vorhanden sind. Der Mensch muss von der Richtigkeit dieser Worte überzeugt sein. Dementsprechend braucht es das Auftreten von Politikern, die Sicherheit ausstrahlen und deutlich machen, wohin der Weg geht. Virologen dabei infrage zu stellen, finanzielle Unterstützung für einen begrenzten Zeitraum zu gewährleisten, aber nicht für jeden sowie die Festlegung von Berufsgruppen, die im Gegensatz zu anderen nicht arbeiten dürfen – diese Maßnahmen sorgen verständlicherweise für Unmut und Frustration.

Der richtige Weg

Menschen sind in der Lage, in schwierigen Zeiten zurückzustecken und durchzuhalten, sofern es eine klare Führung durch diese Situation gibt. Unsichere Zeiten stellen uns vor die Herausforderung, neue Handlungsweisen zu initiieren. Spontan und schnell veränderbar. Klare und einheitliche Ansagen geben in diesen Situationen Orientierung und Halt, aber nur, wenn sie offen kommuniziert werden. Einmalhilfen ohne weiterführende Perspektiven, Schulschließungen und Arbeitsverbot in kompletten Branchen lassen die Existenz und Sicherheit der Menschen wegbrechen.

Der einzelne Mensch ist abhängig vom System. Ändert dieses seine Struktur, gibt es keinen Halt mehr. Es sei denn, es gibt einen Dialog, der nicht nur auf Statistiken beruht, sondern die weiterführende Situation und Perspektive des Menschen in Betracht zieht.