Köln, 27.01.2015
Betriebliche Sozialberatung – brauche ich die wirklich?
Das ist ein Gedanke, den viele Arbeitgeber mit Sicherheit haben.
“Ich kümmere mich doch um meine Mitarbeiter. Wenn sie Sorgen und Nöte haben oder Probleme mit dem Arbeitsplatz oder am Arbeitsplatz, finden sie bei uns im Betrieb immer einen Ansprechpartner. Egal, welche Schwierigkeiten es gibt, es wird versucht, eine Lösung zu finden.“
Ich bin mir sicher, dass das Gros der Arbeitgeber sich wirklich ernsthaft Gedanken um seine Mitarbeiter macht. Viele Betriebe haben Betriebs- oder Personalräte, haben für schwerbehinderte Arbeitnehmer eine Schwerbehindertenvertretung.
„Bei gesundheitlichen Problemen, nach längerer Arbeitsunfähigkeitszeit, habe ich ja auch noch einen Arbeitsmediziner, der trifft dann eine Aussage darüber, wie und wo ich meinen Mitarbeiter einsetzen kann und ob, oder in welchem Maße, er den Anforderungen seiner Arbeit wieder gewachsen ist.“
Das ist alles richtig, Betriebs- und Personalräte sowie Schwerbehindertenvertretungen erfüllen wichtige Aufgaben. Sie sind zuständig für die Wahrung und Einhaltung von Arbeitnehmerrechten, haben Mitbestimmungsrechte bei z. B. Einstellungen, Kündigungen etc., sie sind natürlich auch Ansprechpartner für Anliegen von Mitarbeitern.
Letztendlich ist es aber auf jeden Fall so, dass der Schwerpunkt der Arbeit der Arbeitnehmervertreter eher auf der, ich nenne es mal – rechtlichen – Ebene liegt.
In nicht wenigen Fällen ist die Ursache für Probleme eines Mitarbeiters nicht die Arbeit, sind es nicht die Anforderungen dort, die ihn mürbe machen, die ihn immer wieder krank machen, sodass er sich einen „gelben Schein“ holen muss, ist es nicht damit getan, ihn umzusetzen, Anforderungen zu verändern ( was für ihn nicht selten auch mit Lohneinbußen einhergeht ), nein, es sind oft ganz andere, finanzielle, familiäre, persönliche Probleme.
Hier stößt die Unterstützungsmöglichkeit der Betriebs-/Personalräte an ihre Grenzen. Hier bedarf es der Intervention von entsprechend qualifizierten Beratern, die die richtigen Weichen stellen.
Was hilft es, einen Arbeitnehmer z.B. umzusetzen ( was er eigentlich gar nicht will ), weil er den Anforderungen seines bisherigen Arbeitsplatzes nicht mehr genügt, weil er dort ständig ausfällt, es dort schwieriger als in anderen Arbeitsfeldern ist, krankheitsbedingte Ausfälle aufzufangen, wenn sein „persönliches Grundproblem“ nicht gelöst ist.
Meine Erfahrung hat gezeigt, dass z. B. in solchen Fällen das Problem für den Arbeitgeber oft noch größer wurde:
Der Mitarbeiter arbeitet nach der Umsetzung in einem Bereich, in dem ihm die Arbeit nicht liegt, er wird unzufrieden. Unzufriedenheit am Arbeitsplatz kann zu nachlassender Motivation führen, diese wiederum steigert sich u.U. bis hin zur Leistungsminderung.
Die nachlassende Motivation führt dazu, dass der Mitarbeiter „bei jedem kleinen Schnupfen“ ein paar Tage zu Hause bleibt – Lohnfortzahlung für den Arbeitgeber.
Die Leistungsminderung führt zu negativen Rückmeldungen seitens des Vorgesetzten / Arbeitgebers. Dies wiederum hat Einfluss auf den Mitarbeiter, dessen psychische Stabilität immer mehr bröckelt, denn sein ursprüngliches persönliches Problem, was ja letztendlich Auslöser für seine Umsetzung war, ist ja auch noch nicht gelöst.
Man erkennt, dass in diesem Beispiel eine Spirale in Gang gesetzt wurde, bei der eigentlich beide Seiten ( Mitarbeiter wie Arbeitgeber ) nur verlieren.
Sagen wir einmal, dass dieser Mitarbeiter z.B. aufgrund von privaten Umständen in extreme finanzielle Bedrängnis geraten war, es kam immer häufiger zu Konflikten mit der Partnerin, die mit Scheidung drohte.
Hier hätte ein betrieblicher Ansprechpartner mit seiner Qualifikation unterstützen können, z. B. in Form von Vermittlung / Kontaktaufnahme zu Schuldnerberatungsstellen, u.U. sogar auch bis hin zu Gesprächsangeboten im direkten familiären Umfeld ( hier Partnerin ).
Der Mitarbeiter hätte sicherlich Entlastung erfahren. Eine Umsetzung an einen „ungeliebten“ Arbeitsplatz hätte nicht stattfinden müssen.
Zahlreiche krankheitsbedingte Ausfälle wären nicht aufgetreten.
Dies ist nur ein Beispiel dafür, dass das Hinzuziehen einer fachlich kompetenten Beratung durchaus dazu beitragen kann, Probleme zu lösen, und zwar bevor eine „Spirale“ in Gang gesetzt wird, die sich immer höher schraubt.
In diesem Fall ist es nicht auszuschließen, dass am Ende für den Arbeitgeber die Kündigung des Mitarbeiters die einzige „Problemlösung“ darstellt.
Bis zu diesem Zeitpunkt hat der Mitarbeiter aber schon einigen „wirtschaftlichen Schaden“ ( Lohnfortzahlung ) angerichtet.
Und was ist nach Kündigung mit einer unter Umständen folgenden Kündigungsschutzklage durch den Mitarbeiter? – Die Spirale könnte sich noch weiter drehen…!
Peter Stein